Abendmahl (Altarbild)

1910

01. Oktober 2020

Die Apenser Kanzel aus der Buxtehuder Werkstatt des Johann Tamke

Der Neubau der Apensener Kirche durch den hannöverschen Architekten Eduard Wendebourg (1857-1940) orientierte sich am ‚Eisenacher Regulativ‘ von 1861, dem Versuch, den Kirchenbau stilistisch zu vereinheitlichen. Der Standort der Kanzel wurde so festgelegt, dass die gesamte Gemeinde, also auch die auf den Emporen, den Pastor sehen sollte. Dazu musste die Kanzel höher stehen. Der Kanzelaufgang wurde verlängert und unter den Kanzelbecher kam ein „Dorn“, der nun die Kanzel trug. In Apensen lassen sich diese Ergänzungen von 1910 gut erkennen.

Da von den 100 000 Reichsmark, die für den Neubau zur Verfügung standen, noch Mittel vorhanden waren, wurde der hannöversche Maler Carl Wiederhold (1861-1963) beauftragt, die vier Evangelisten zu malen.  Die Signatur dieser Bilder zeigt das Jahr 1910. Im Jahr zuvor hatte Wiederhold bereits das Altarbild, eine Kopie der Abendmahldarstellung von Michelangelo, in der Kirche Maria delle Grazie in Mailand, gemalt.

Bei der Eröffnung der neuen Kirche in Apensen 1910 strahlte die alte Kanzel, die man aus der alten Kirche übernommen hatte, in „neuem Glanz“. Das Foto auf der Titelseite aus dem Jahr 1908 zeigt das Innere der alten Kirche. Hier kann man den damaligen Zustand der Kanzel erkennen. Es fehlen die Kanzeltür, die Bilder am Kanzelaufgang und die vier Evangelisten in den Feldern des Kanzelbechers. Gerade diese Evangelisten-Darstellungen aus Lindenholz sind das Erkennungszeichen der Buxtehuder Werkstatt des Johann Tamke. Die Hermen und Kariatyden, damals beliebte Schmuckelemente am Kanzelbecher zeigen, dass diese Kanzeln aus der Zeit zwischen 1639-1645 stammen. Bei Apensen heißt es jedoch immer vage „um 1640“. Da die Apenser ihre Kanzel selbst bezahlt haben und die Kirchenakten 1740 verbrannt sind, lässt sich nur dieses ungenaue „um 1640“ festhalten. Die anderen Kanzeln aus der Werkstatt Tamkes sind Horneburg und Moisburg 1639, Selsingen 1641 und Ottersberg um 1645, letztere stand ursprünglich im Rotenburger Schloss.

Diese Kanzeln sind also am Ende des 30 jährigen Krieges geschaffen worden. Der Norden war wieder protestantisch geworden. Daher trägt der Apensener Kanzelbecher genauso wie der in Selsingen den Wahlspruch der Lutheraner: Verbum domini manet in aeternum. „Das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit“, Jesaja 40,8. Bereits 1622 war diese Bibelstelle an die Kanzel in Bliedersdorf geschrieben worden und nun steht sie auch in Apensen als klares Bekenntnis. Sie soll die Prediger/in daran erinnern, was die zum Gottesdienst versammelte Gemeinde erwartet: eine lutherische Predigt, die damals eine Stunde dauerte. Dazu gehört die Auslegung des Alten Testamentes (Gesetz) und das Evangelium. Beides wurde auch bildlich durch die Figuren des Alten Testaments am Kanzelaufgang und die vier Evangelisten am Kanzelbecher, die für das Evangelium stehen, dargestellt. Diese Konstellation ist so heute noch vollständig in Moisburg und Jork zu sehen.

Hans Tegtmeyer, P.i.R.

Kurzfassung eines für Mai 2020 geplanten, aber wegen Corona abgesagten Vortrags

Quelle: Gemeindebrief Okt/Nov 2020